Friday, March 29, 2019

Folge 97: Zu Gast im Unfallkrankenhaus


Der weibliche Teil der Redaktion übt zur Zeit den Flamingo. Dies hat die Haubentaucherin einem Sturz zu verdanken, der sich recht radikal auf das eine Bein ausgewirkt hat. Um die temporäre Einbeinigkeit zu kurieren, hat sie sich längerfristig im Unfallkrankenhaus ein Nesterl gebaut. So hockt sie in ihrem Bett und fadisiert sich, weil die Genesung recht langsam von statten geht. Das Spitalsleben hat allerdings auch Vorzüge, denn die Futtersuche wird durch regelmäßige Essenszustellung erledigt.

Kaum angekommen wählt die Patientin aus einem reichhaltigen Frühstücksangebot, nicht ahnend, dass sie von da an drei Wochen lang das gleiche Frühstück kredenzt bekommen wird. Und sich schwören wird, nie mehr ein Milchweckerl zu kaufen. Auch nicht, wenn’s frisch ist.
Wobei so eintönig ist das Frühstück ja nicht, es gibt immerhin die Überraschung, ob Kiwi, Apfel oder Orange und der Milchkaffee ist mal heller, mal dunkler. 

Das Schälen der Orange ist gleichzeitig auch Beschäftigungstherapie, weil wenn Bettnachbarinnen bereits die Buttermesser wegen der Schärfe der Klinge tauschen, so ist so eine Orangenschale durchaus eine Herausforderung, die einer strategischen Herangehensweise bedarf.
   
Gleichzeitig mit der Frühstückswahl muss sich der lahme Vogel auch für das Mittags- und Abendmenü entscheiden. Und das eine ganze Woche im voraus. Den Überraschungseffekt gibt’s dann trotzdem jeden Tag aufs Neue, weil erstens hat man wieder vergessen, was man bestellt hat, und zweitens hat die Nachbarin was anderes: So wird die ganze Vielfalt wieder gegenwärtig. 

Suppe, Hauptspeise, Salat und Dessert sind die Fixpunkte des Mittagessens. Das Abendessen fällt wesentlich schmäler aus. Letzteres kommt auch schon um fünf Uhr, sodass die Haubentaucherin, nachdem das Haxerl sich ein wenig erholt hat und der Appetit sich einstellt, telefonisch noch schnell beim Frankowitsch bestellt. Mitfühlende Freundinnen liefern prompt.

Man kann sagen, was man will. Schlecht ist die Küche nicht. Sehr geschmacksneutral, meint die Bettnachbarin, nach eigener Auskunft selbst eine begnadete Köchin. All inklusive, meinen wir. Wie in den Hotels muss man auch hier auf die unterschiedlichen Geschmäcker Rücksicht nehmen. Und dass alle nach Knoblauch stinken, kann man den Schwestern auch nicht antun. Dann gibt’s noch die Diabetiker. Das Menü hat sie auch irrtümlich angekreuzt, da hatte die Nachbarin das gleiche, nur mit Nachspeise. Eindeutig Anfängerfehler.

 Am Faschingdienstag hat die Küche dann aber groß aufgekocht: Wienerschnitzel mit Reis, Salat und einen Krapfen. Natürlich vorher Suppe. Und was uns wirklich fasziniert hat: Alles war immer warm bei der Lieferung. Nämlich richtig wohltemperiert. Und das bei diesen vielen Portionen. Eine reife Leistung des Küchenchefs und seines Teams. Und geschmeckt hat’s Schnitzerl auch.






Text & Fotos: @haubentaucher.at 2019