Haben wir es doch in die dreistellige Liga geschafft. Der 100. Post auf diesem Kanal ist dem Anlass entsprechend kein gewöhnlicher Beisltest. Sondern vielmehr ein Ausflug ins wilde Ötscherland.*
Im Mostviertel zelebriert man seit gut 1,5 Jahren die so gennanten Feldversuche (siehe auch weiter unten bei Folge 98). Es geht um kulinarische Experimente mit dem, was da ist. Der sehr supere Haubenkoch Mike Nährer aus Rassing bezauberte da Ende September in der Ötscher-Basis in Wienerbruck das Publikum, das brav auf Distanz blieb zu allem und jedem.
Zum Start gab es Hirn vom Lamm mit Vogelbeere für die Mutigen. Oft sind es ja eher die Kleinigkeiten, die entscheiden, wie ein Abend läuft. Das Brot und die herrliche Sauerrahmbutter von Katharina Meissinger aus Kernhof (Home of Kameltheater!) waren in diesem Sinne ein besonders gelungener Auftakt. Danach kamen Bach- und Seesaibling aus Lunz mit Brennessel gewürzt.
Das Besondere an diesem Fisch: Er wird mit der Ike Jime Technik getötet und damit weitgehend stressfrei, was sich letztlich auch positiv auf den Geschmack und die Lagerfähigkeit auswirkt. Die roten Rüben, die sowohl auf dem Teller als auch im Biocider im Glas präsentiert werden, sehen nicht nur super aus (Bild links), sondern schmecken auch herrlich frisch. Der Saibling ist zart und von schöner Struktur.
Der nächste Gang ist dann pilzig-würzig. Es gibt Kräuterseitlinge und Shiitake Pilze aus heimischer Zucht mit Kräutern vom Ötscher. Als Wein serviert Nährer einen schrägen Veltliner, der aus ganzen Trauben vergoren wurde. Ja und dann gibt es quasi das Highlight des Abends, zumindest in kommunikativer Hinsicht. Ein Dachs vom Fuße des Ötschers ist vor des Jägers Flinte geraten und wird in dezenter Menge mit Erdäpfelnockn und Paradeiser sowie Maiwipfelpesto aufgetischt.
Haben Sie schon einmal Dachs gegessen? Wir nicht. Und es muss auch nicht
zwingend sein. Wild halt. Mit deutlichem Melanzani-Geschmack, wie
anwesende Scherzbolde bemerkten. Ja klar für gut 40-50 Leute kommt man mit
einem Dachs halt nicht weit. Eh interessant, aber das "Grünzeug vom Feld"
war letztlich dann doch vernünftiger. Und das Lamm vom Ötscher geschmort
und rosa gebraten mit einem traumhaften Sellerie war sicher kein
großes Experiment – aber dafür halt richtig richtig gut.
Spaßig war die Getränkebegleitung, die ständig zwischen Bier und Wein wechselte. Altes Motto: Im Magen kommt eh wieder alles zusammen. Also gab es Waldbier und Rotwein aus dem Traisental, St. Laurent große Reserve und allerlei seltene Tropfen. Zwetschge und Birne ergaben dann eine fruchtige Paarung, wobei die Birne klar die Oberhand behielt. Und der Camembert von Kernhof in vier verschiedenen Reifestadien war das feierliche Finale, ehe wir zu klassischen Rotweinen griffen und die Feldversuche für heuer ihr Ende fanden.
Ein großer Abend mit etlichen spannenden Produzenten, einem entspannten und zugleich unterhaltsamen Chefkoch und ein schönes Ambiente. Für das hoffentlich weitgehend virenfreie Jahr 2021 empfehlen wir dringend einen Ausflug ins Mostviertel zu den nächsten Feldversuchen. Suchen und buchen kann man da: www.mostviertel.at/feldversucheFotos: (c) Mostviertel Tourismus / Schwarz-König 2020, Foto Mike Nährer: © haubentaucher.at
* Disclaimer: Die Reise erfolgte auf Einladung von Mostviertel Tourismus