Sunday, July 24, 2011
Folge 19: Der Analog-Mozzarella
Die PR-Abteilung von Graz nennt die Stadt neuerdings gern Genuss-Hauptstadt, was so ziemlich das seltsamste Etikett ist, das man dieser Gastrowüste umhängen kann. Nehmen wir nur die Sporgasse, eine der wichtigsten Durchzugsrouten für Touristen, malerisch, steil und bevölkert von nichtssagenden Lokalitäten. Nehmen wir noch konkreter die Goldene Pastete, eine der wenigen Traditionsgaststätten bis vor wenigen Jahren. Dann war die Luft draußen und es hieß, hier käme kein Lokal mehr rein.
Und jetzt das: Ein Beisl, eigentlich relativ nett renoviert, ein bisschen seltsam eingerichtet, aber es könnte was werden - wenn hier jemand wirken würde, der ernsthafte Absichten hätte. Statt dessen wird einem schon beim Eintreten entgegengerufen, dass man hier nur Toast bekäme. Auf Nachfragen wird einem dann auch noch Mozzarella mit Tomaten und Gebäck mit Aufstrichen angeboten. Beim Servieren des Biers wird gefragt, ob man auch ein Glas wolle. Und dann wird das Essen serviert. Brennheiße Brezeln aus dem Mikroofen, die man natürlich nur äußerst schwer mit Aufstrichen pimpen kann. Komplett unreife Tomaten (ein Kunststück zu dieser Jahreszeit), viel Kernöl und rechteckiger absolut geschmackfreier Mozzarella. Stand auf der Packung das Wörtchen "analog"?
Tipp: Schauen Sie sich das nur an, wenn Sie keinen Hunger haben.
Goldene Pastete, Sporgasse 28
Friday, July 15, 2011
Folge 18: Den Trüffel, den können Sie einrexen!
Das ist der Branzino mit Gröstl im Lovin.
In letzter Zeit erlebten wir leider zuweilen den Horror jedes Beislkritikers: Ein Lokal, das sich in den Wochen nach dem Test rapide verschlechtert. Das Siam Thai am neuen Standort? Viel teurer, sagen die einen. Und viel schlechter, ergänzen die anderen. Der Italiener in der Altstadtpassage? Auweh, sagte erst heut eine treue Leserin. Aber wenigstens diese Woche fühlen wir uns auf der sicheren Seite.
Das Lovin in der Münzgrabenstraße war ja nie schlecht (soweit wir uns erinnern können), aber mit dem neuen Betreiber Gerald Konrad und seinem bewährten Service-Team ist es jetzt auch noch sympathisch. Das Restaurant schwebt irgendwo zart über der 1-Hauben-Grenze, passt schon so. Ausgesprochen solide Weine (und eine entsprechende Auswahl!), schönes und vor allem auch schön angerichtetes Essen - hier weiß offenbar wirklich jeder, was er tut. Wir testeten zum Beispiel einen Caffe Latte mit Spargel und Mini-Quiche (5,50 Euro), schaumig-flaumig. Der Branzino (22 Euro) mit Spargel und Gröstl ist eine Wucht. Und dann kam das da...
Hallo, ich bin's der Tester, ich werde dich jetzt aufessen!
Der Kalbsrücken (22 Euro) herrlich rosa - und das beste daran war eindeutig das Trüffelpüree im Rexglaserl. Zu sehen hier u.a. außerdem die Crème brulée (€ 7) vom grünen Tee mit Erdbeersorbet.
Da zahlt es sich aus, ein bisschen Essensgeld zu horten und im Lovin zu reservieren. Das sei hiermit garantiert.
(Allfällige abweichende Meinungen bitte einfach ins Kommentarfeld schreiben, danke für die Mitarbeit)
LoVin, Münzgrabenstraße 36 / Ecke Brockmanngasse, 8010 Graz, Tel. 0316/919214-10, Mo–Fr 11 bis 24 Uhr, auf Anfrage auch Sa und So geöffnet, www.lovin.at
Wednesday, July 6, 2011
Folge 17: Das blaue Auge
Ein neuer Italiener. Mahlzeit.
Vor kurzem warf ein Leser uns, dem weitgehend anonymen Kollektiv der Gastrokritiker, etwas vor, das nicht ganz von der Hand zu weisen ist: Wir würden Neueröffnungen zu früh testen und den Wirten keine Chance geben, sich einzuleben. Im Falle des Italo-Restaurants Regina Margherita in der Altstadt-Passage lassen wir das allerdings nicht gelten. Erstens hat die Betreiberfamilie Barbaro sich in Wien bereits seit Jahrzehnten bewährt und weiß, wie man ein Lokal führt. Zweitens waren wir mittlerweile viermal im neuen Ristorante mit der Adresse Herrengasse Nr. 7 und drittens ist die Lokalität nun auch schon seit etlichen Wochen in Betrieb. Die Räumlichkeiten wurden schön renoviert, der Gastgarten ist ein Hit.
Unbezahlte Anzeige für Averna.
Das Essen ist meist solide. Die Nudeln manchmal etwas sehr al dente, der Fisch in der Regel sehr gut, wenn auch nachlässig filettiert. Die Pizza okay. Die Kinderpizza in Fischform sogar sehr nett. Die Nachspeisen variieren in Sachen Großartigkeit. Der Wein ist ausgesprochen gut. Und die Verständigungsschwierigkeiten mit dem süditalienischen Servicepersonal fallen wohl in die Kategorie "authentisch". Es gibt aber leider einige Probleme, die man als Stammgast nicht übersehen kann. Die Kellnerinnen und Kellner wirken müde und ausgebrannt. Da wird dem Kollegen rasch mal ein "Stronzo" entgegen geschleudert, was nicht unbedingt jedem Gast gefallen wird. Dass ein anderer Kellner überhaupt mit Veilchen aufläuft, macht dann schon ein wenig misstrauisch. Etliche Bestellungen werden vergessen. Immer wieder ist das eine oder andere "aus", was bei allem Verständnis auf die Dauer nervt. Und die Auslastung bereitet uns auch Kopfzerbrechen. An manchen Tagen ist richtig was los, an anderen aber tote Hose. Man kennt das von anderen Restaurants, die sich bei den Grazern nie durchsetzen konnten und deshalb vor der Zeit von uns gingen. Wollen wir hoffen, dass für die Barbaros in der Passage alles gut geht und das blaue Auge ein Einzelfall war.
Regina Margherita, Herrengasse 7 / Altstadtpassage zwischen Herrengasse und Prokopigasse, 8010 Graz, Tel. 0316/836525, Mo–Sa 11.30 bis 23 Uhr, www.barbaro.at
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